Veranstaltung Prof. Dr. Arnold - Herder Bibliothek

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Dem Osten zugewandt....
Vortrag von Herrn Prof. Dr. Arnold                                                                                                                                 
Stammland der Reformation?
Herder-Bibliothek-Vortrag zeigte auf, wie Luther Preußen zu politischem Aufstieg verhalf

 ■  Viele Facetten hinsichtlich Luthers Wirken sind anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 inzwischen ausgeleuchtet worden, sodass sich viele in und außerhalb von Deutschland längst die Frage stellen, ob es darüber hinaus immer noch weitere wichtige forschungswürdige Aspekte gibt. Es gibt sie in der Tat – zum Beispiel eine Beschäftigung damit, dass Sachsen und Hessen gegebenenfalls zu Unrecht die Attribute „Stammländer der Reformation“ tragen.

Darüber hinaus sind historische Forschungen längst zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anfänge der Installierung der seinerzeitigen neuen christlichen Ausrichtung durchaus nicht allein auf Glaubensansichten basierten. Vielmehr standen stattdessen auch bei der Ausbreitung der Reformation handfeste Überlegungen aus weltlichem Machtkalkül Pate. Und dies entgegen landläufiger Annahme im seinerzeit deutsch-baltischen Ostseeraum. In einem Gebiet, in dem eben nicht zuletzt mit Hilfe der Lossagung von Rom und sonstiger strategisch kluger Schachzüge die Geburt des Staates Preußen ermöglicht wurde.
Wer sich für die diesbezüglichen Details am Ausgang des 15. Jahrhunderts interessierte, war jetzt bei einem Vortrag in der Siegener Herder-Bibliothek in der Bismarckhalle in Weidenau wieder bestens aufgehoben. Denn dort zeigte der Bonner Historiker Prof. Dr. Dr. h.c. Udo Arnold in Anwesenheit von gut 30 Zuhörern unter der Überschrift „Vom Ordensland zum Herzogtum“ (Preußen als erstes protestantisches Fürstentum) anschaulich die einzelnen Entwicklungsschritte dahin auf. Seine einleitende These: „Im ausgehenden 15. Jahrhundert geriet die führende Stellung der Ritterorden (Deutschorden, Templer und Johanniter) in dem Gebiet von der Ostgrenze Pommerns und der Neumark hinauf bis ins Memelgebiet und Gotland zunehmend unter Druck.“
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte rund 300 Jahre lang die Besiedlung dieser Landstriche in den Händen der in Orden organisierten Ritter und Priester gelegen, wovon mächtige Ordensburgen wie die Marienburg Zeugnis ablegten. Doch gegen Ende des 15. Jahrhunderts fand eine Zäsur statt. Wirtschaftliches Wachstum rief die Städtebürger auf den Plan, zukünftig ebenfalls mehr Einfluss nehmen zu wollen. Dazu gesellten sich im Inneren der Orden zunehmend Probleme. Gleichzeitig erhoben Litauen und Polen verstärkt Anspruch auf diese Gebiete.

Allein bis zum Zweiten Frieden von Thorn (1466) lebten die dortigen Menschen in einem ständigen Kriegszustand. Schließlich blieb dem Deutschorden nichts anderes übrig, als die Bedingungen des polnischen Königs zu akzeptieren: Eine Eidesleistung im Frieden und Heeresleistungen im Kriegsfall. Diesen Zustand machte sich das Herrscherhaus Sachsen-Meißen zunutze und schwächte zunehmend den Einfluss des Ordens-Hochmeisters. Höhepunkt dieses Schachzugs: Die Huldigung Albrechts von Brandenburg-Ansbach als Herzog in Preußen vor König Sigismund von Polen.

Udo Arnold, außerhalb seiner universitären Tätigkeit Leiter der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, ging ausführlich auf die parallelen Entwicklungen Luthers und dessen Auseinandersetzungen mit der katholischen Kirche sowie Albrechts zunehmende Umgestaltung des Deutschordens ein. Bald suchte Albrecht konkret den Kontakt zu Luther, der schließlich in der gedruckten Ermahnung „An die Herren des Deutschordens“ gipfelte. „Letztlich“, so Arnolds Fazit, „verhalf Luther Preußen zu einer Umwandlung zu einer weltlichen Ordnung.“ Gleichzeitig habe Luther damit die die damaligen Herrschaftsstrukturen gestärkt, da er sich eine Reformation von oben wünschte.

Fakt ist, dass 1524 die Würfel endgültig gegen die Orden fielen. Das mittelalterliche Rittertum hatte sich endgültig überlebt. Schließlich, am 10. April 1525, der „Akt von Krakau“: Albrecht erhielt Preußen als weltliches Herzogtum zu Lehen von Polen. Ein Religionswechsel wird nicht genannt. Ebenso wenig die Umwandlung von ihm als Hochmeister zum Fürsten. Und somit zugleich die geschickte Vorbedingung für 1701: Die Königskrönung (in Form einer Selbstkrönung) Friedrichs III. von Brandenburg zu König Friedrich I., womit Preußen erst 170 Jahre später in Versailles Mitglied des Zweiten Deutschen Reichs wurde.

Luthers Einfluss sei bis zur endgültigen Auflösung Preußens 1947 in seinem Ursprungsgebiet bestehen geblieben, Calvinisten habe man in Preußen vergebens gesucht. Auch die Universität Königsberg habe eindeutig eine lutherische Handschrift getragen. Nicht von ungefähr bildete dort die Ausbildung der protestantischen Pfarrer einen Schwerpunkt.


Bericht und Bild entnommen aus der Siegener Zeitung
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