Veranstaltung Studiendirektor a. D. Hans Eifler - Herder Bibliothek

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Dem Osten zugewandt....
Vortrag von Studiendirektor a. D. Eifler im Okt. 2018                                                                                 

LOKALES SEITE 7 | MITTWOCH 10. OKTOBER 2018

Friedliche Zeiten überwogen
Weidenau Herder-Bibliothek: Hans Eifler
beleuchtete Beziehungen mit Nachbarland
Polen.

Spurensuche zurück bis ins Jahr 963, als Miezko I. (Herzog
von Polen) einen Lehnseid gegenüber Kaiser Otto I. ablegte.


STUDIENDIREKTOR A. D. HANS EIFLER (L.) REFERIERTE ÜBER DIE HISTORISCHEN WURZELN POLENS,
HIER IM GESPRÄCH MIT DEM STELLV. VORSITZENDEN DER HERDER-BIBLIBOTHEK, PROF. DR. ULRICH
PENSKI. FOTO: RÖ

rö ■ Das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland sei auch 73
Jahre nach Kriegsende immer noch schwierig. So führte jetzt Prof. Dr.
Ulrich Penski, stellv. Vorsitzender der Siegener Herder-Bibliothek,
die gut 30 Teilnehmer des jüngsten Vortrags in der Weidenauer
Bismarckhalle in das Thema des Abends ein. Zugleich verwies er auf
die wechselvolle Geschichte der beiden Völker, geprägt von
kriegerischen Auseinandersetzungen. Aktuell stünden erneut
Forderungen nach deutschen Reparationszahlungen an; andererseits
werde die letzte polnische Justizreform hinsichtlich der
Rechtsstaatlichkeit von der EU verworfen. Umso wichtiger erschien
es den Herder-Bibliothek-Organisatoren, allen Interessierten einen
detaillierteren Blick auf die 1000-jährige Nachbarschaft von Polen
und Deutschen zu ermöglichen.
Dazu hatten sie Studiendirektor a. D. Hans Eifler als Referenten
gewinnen können. Obgleich beruflich bedingt seit 1974 mit Wohnsitz
Königswinter, kam er 1938 im schlesischen Sagan auf die Welt. In der
Ost-Mitteldeutschen-Vereinigung der CDU gehörte er von 1996 bis
2016 dem Landesvorstand NRW an. Zeitgleich führten ihn viele
Bildungsreisen, ausgehend von Ostpreußen, Pommern und
Schlesien, weiter nach Ost-Mitteleuropa bis nach Moskau und St.
Petersburg. Der Studiendirektor wandelte immer wieder auf
historisch deutschen Spuren, vor allem städtebaulicher Art.
Eifler mahnte, die heutige Jugend müsse viel mehr Interesse für
Themen wie „Der historische Beitrag der Deutschen zur Entwicklung
Polens“ aufbringen – ein Blick zurück in die lange Zeit vor Hitlers
Einmarsch in Polen und dem Massenmorden der Nazis. So vertrat er
die Auffassung, dass es sich bei Mittel- und Osteuropa um einen
historischen Durchgangsraum mit einer schicksalhaften Verbindung
handle. Ein Raum mit einer 1000-jährigen Geschichte, wobei
friedliche Perioden eindeutig die Zahl der kriegerischen Perioden
überwögen, so Eiflers Feststellung. Durch die Zäsur von Auschwitz
seien die vielen positiven Einwirkungen verdrängt worden.
Eifler blickte weit zurück: Die Ostfranken, der östliche Zweig der
germanischen Stämme (die frühmittelalterlichen Vorläufer des
Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation) lebten bereits lange
vor Mitte des 10. Jahrhunderts christlich geprägt in gut organisierten
Strukturen (hervorgegangen aus dem einstigen Karolingerreich).
Demgegenüber praktizierten zu jener Zeit die Slawen jenseits von
Elbe und Oder noch ein Leben in losen Stammesverbänden und
huldigten zugleich nach wie vor der Vielgötterei. Doch hätten sich
bereits einige Jahrhunderte zuvor die Slawen aus ihrem
Ursprungsgebiet, dem Gebiet zwischen den nördlichen Karpaten und
der Weichsel, in viele Richtungen aufgemacht, so Eifler weiter.
Für den „historischen Spurensucher“ beginnt laut nachweisbarer
Quellen die offizielle polnische Geschichte im Jahr 963 mit Miezko I.
(Herzog von Polen), der einen Lehnseid gegenüber Kaiser Otto I. und
Gero, Markgraf der Ostmark, ablegte. Dieser Lehnseid steht für den
Hobbyhistoriker für das Ende des ostfränkisch-sächsischen Reiches
nach Osten und des Piastenreiches nach Westen.
Eifler teilt die allgemeingültigen Forschungsergebnisse, Miezko habe
wohl erkannt, dass es erst einmal mit der Ausdehnung seiner
Herrschaft nach Westen vorbei war. Demzufolge habe er sich seinen
überlegenen Nachbarn unterworfen, um die bereits erworbenen
Gebiete zu sichern, so seine Erklärung. Im Namen der
Christianisierung habe er versucht, vor allem die noch heidnischen
Slawenstämme im Mündungsgebiet der Oder zu erobern. Miezko
selbst sei erst durch die Heirat mit der Tochter des böhmischen
Fürsten Boleslav getauft worden, ergänzte Eifel.
Darüber hinaus wollte der Gast aus Königswinter auf keinen Fall den
sogenannten „Peterspfennig“ an den Papst unerwähnt lassen, womit
eine Regelung aus dem Jahre 991/92 gemeint ist. Diese besagt, dass
Miezko sein Herrschaftsgebiet dem Papst anvertraute. Damit habe
Miezko bewirkt, dass der Papst ihm Unabhängigkeit gegenüber dem
deutschen Kaiser verschaffen konnte, quasi der Beginn der bis heute
andauernden besonderen Beziehung Polens zum Vatikan.
Als ebenso bedeutend erachtete Eifler in seinem kenntnisreichen
Rückblick auf das deutsch-polnische Beziehungsgeflecht das Jahr
997, als das polnische Gnesen Bischofssitz wurde. Schlagartig habe
damit Magdeburg seine bis dahin herausragende Funktion als
Erzbistum verloren. Überhaupt beginnen seiner Ansicht nach mit der
Errichtung vieler weiterer Klöster (in der Regel Zisterzienser-Klöster)
sowohl die Verbesserungen in der Landwirtschaft als auch die
eigentliche Urbanisierung Polens. Denn mit den Mönchen seien auch
viele Bauern aus dem westdeutschen Rheinland gekommen.
Von ebenso großer Bedeutung sei das „Magdeburger Recht“ gewesen,
eine Form des Stadtrechts (als Recht der völligen
Stadtselbstverwaltung), das in Magdeburg seinen Ursprung hatte und
Vorbild für Ostmitteleuropa und Osteuropa wurde.
Mit den Städtegründungen ging zugleich die Entstehung von
bedeutenden Kulturzentren einher, beispielsweise die Domgründung
Krakaus. Eine Stadt, der man laut Eifler noch heutzutage die
seinerzeitigen deutschen Prägungen ansieht.
Nicht unerwähnt ließ Eifler den polnischen Herrscher „Kasimir der
Große“ und den „Vertrag von Trentschin“ (1335), wodurch faktisch
seitdem eine Ausdehnung Polens nur noch in Richtung Osten
erfolgen konnte. Dieser Vertrag symbolisiert nach Meinung Eiflers
das bis heute andauernde frostige Verhältnis Polens zu den östlichen
Slawen und Russen.
Wenig überraschend steht ein deutscher Adliger aus Schlesien bis
heute in der Gunst der Polen weit oben: Bernhard von Prittwitz, der
seit 1575 als der Schrecken der Tataren gilt. Deutsche Wurzeln hatte
daneben der Industriepionier Peter Steinkeller.
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